Wer zahlt die CO2-Abgabe wirklich?
- Redaktion SC-X
- 20. März
- 3 Min. Lesezeit

Die versteckten Kosten in der Lieferkette
Die CO2-Abgabe ist ein zentrales Element der Schweizer Klimapolitik. Doch obwohl die Abgabe seit Jahren in Kraft ist, bleibt vielfach unklar, wer die Abgabe faktisch bezahlt und wie sie entlang der Lieferkette wirkt. Diese Unsicherheit betrifft nicht nur Privathaushalte, sondern insbesondere auch Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistik. Der folgende Beitrag beleuchtet detailliert, welche Akteure die CO2-Abgabe tragen, wie die Weiterverrechnung funktioniert und welche strategischen Implikationen sich daraus ergeben.
Die CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe in der Schweiz: In der Schweiz wird die CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas und Kohle erhoben. Ab dem 1. Januar 2025 beträgt die Abgabe 127 CHF pro ausgestossener Tonne CO2. Diese Abgabe trifft in erster Linie Importeure und Hersteller fossiler Brennstoffe, die als sogenannte Erstzahler agieren. Sobald diese Unternehmen fossile Energieträger in die Schweiz im portieren oder auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, wird die CO2-Abgabe fällig und direkt an den Bund abgeführt.
Die Weiterverrechnung entlang der Wertschöpfungskette: Obwohl die Importeure und Produzenten die Abgabe unmittelbar begleichen, findet eine komplette Weiterverrechnung statt. Diese erfolgt über die Preiskalkulation der Energieversorger, Händler und Lieferanten. So wird die CO2-Abgabe über die Energiepreise an Haushalte und Unternehmen weitergereicht. Endkunden zahlen also nicht direkt an den Staat, tragen die Abgabe jedoch faktisch über höhere Heizkosten oder teurere Energielieferungen. Besonders für die Industrie und das Gewerbe ergeben sich dadurch steigende Betriebskosten, die sich mittelbar auf die Preisgestaltung und die Wettbewerbsfähigkeit auswirken.
Besonderheit Treibstoffe: Kompensation statt direkter CO2-Abgabe Im Unterschied zu Brennstoffen wie Heizöl und Gas unterliegen Treibstoffe (Benzin und Diesel) keiner klassischen CO2-Abgabe. Hier greift stattdessen ein Kompensationsmechanismus gemäss CO2-Gesetz: Treibstoffimporteure sind verpflichtet, einen Teil der durch den Verkauf verursachten Emissionen über zertifizierte Klimaschutzprojekte auszugleichen. Auch diese Kompensationskosten werden von den Importeuren auf die Preise an den Tankstellenkunden weitergegeben. Somit wird der Lenkungseffekt ebenfalls über den Markt erzielt, allerdings indirekt.
Beispielhafte Lastverteilung entlang der Lieferkette:
Die Importeure und Hersteller zahlen die CO2-Abgabe direkt beim Import oder bei der Produktion fossiler Brennstoffe an die Eidgenössische Zollverwaltung.
Energieversorger und Händler kalkulieren die Abgabe in ihre Preise ein und geben sie an die gewerblichen und privaten Endnutzer weiter.
Unternehmen tragen die CO2-Abgabe über erhöhte Energiekosten, die sich in der Kostenstruktur ihrer Produktion und Dienstleistungen niederschlagen.
Haushalte und Endverbraucher spüren die Abgabe z.B. über höhere Heizkosten oder steigende Nebenkosten in Mietobjekten.
Die Rolle der Rückverteilung in der Schweiz: Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern verfolgt die Schweiz einen spezifischen Lenkungsansatz: Ein Grossteil der Einnahmen aus der CO2-Abgabe wird rückverteilt. Die Bevölkerung profitiert über eine pauschale Rückerstattung via Krankenkassenprämie. Unternehmen erhalten eine Rückvergütung proportional zur Höhe ihrer AHV-pflichtigen Lohnsumme. Zusätzlich werden Mittel aus der CO2-Abgabe in Programme wie das nationale Gebäudeprogramm und weitere Klimaschutzprojekte investiert. Ziel ist es, Belastungseffekte für Wirtschaft und Bevölkerung zu mildern und gleichzeitig Anreize zur CO2-Reduktion zu setzen.
Der internationale Vergleich: Im Ausland unterscheidet sich der Umgang mit CO2-Bepreisung deutlich. Deutschland setzt auf einen nationalen CO2-Preis für Treib- und Brennstoffe, dessen Einnahmen bisher hauptsächlich in einen Energie- und Klimafonds fliessen. In Schweden sorgt eine sehr hohe CO2-Steuer von über 130 EUR pro Tonne CO2 für starke Lenkungsimpulse, allerdings ohne direkte Rückvergütung an die Bevölkerung. Kanada hingegen kombiniert die Bepreisung mit einem Rückvergütungssystem, das der Schweizer Lösung ähnelt.
Relevanz für ESG und Supply Chain Management: Die CO2-Abgabe ist ein konkretes Beispiel dafür, wie ökologische Aspekte von ESG (Environmental, Social, Governance) direkte Auswirkungen auf die Kosten- und Lieferkettenstrukturen von Unternehmen haben. Im Rahmen des Supply Chain Managements (SCM) müssen nicht nur operative Prozesse, sondern auch regulatorische Vorgaben wie die CO2-Abgabe in die Gesamtkosten-betrachtung integriert werden. Für Unternehmen bedeutet dies, dass CO2-Kosten entlang der gesamten Lieferkette – vom Energiebezug über die Produktion bis hin zur Distribution – transparent gemacht und aktiv gesteuert werden müssen. Nachhaltige Supply Chains setzen darauf, Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig wirtschaftliche Resilienz zu sichern.
Was bedeutet das für die Unternehmenspraxis? Für Unternehmen, insbesondere im produzierenden Gewerbe und in der Logistik, ist die CO2-Abgabe ein relevanter Kosten-faktor. Sie sollte daher in der Total Cost of Ownership (TCO) sowie in Einkaufs-, Lieferanten- und Standortentscheidungen systematisch berücksichtigt werden. Energieintensive Betriebe können zudem prüfen, ob eine Zielvereinbarung mit dem Bund sinnvoll ist, um eine Befreiung von der CO2-Abgabe zu erreichen. Auch in Preis- und Vertragsverhandlungen mit Energiever-sorgern lohnt es sich, die CO2-Abgabe als Argument für Transparenz und mögliche Optimierungen zu thematisieren.
Fazit: Die CO2-Abgabe in der Schweiz bleibt oft abstrakt, wirkt aber konkret entlang der gesamten Lieferkette. Wer ihre Wirkmechanismen versteht, kann nicht nur Risiken frühzeitig identifizieren, sondern auch gezielt Einspar- und Steuerungspotenziale im Energie- und Beschaffungsmanagement heben. Sie ist zudem ein praktisches Beispiel dafür, wie ESG-Faktoren direkte Auswirkungen auf operative und strategische Supply Chain Entscheidungen haben.
Empfehlung: Führen Sie intern eine Visualisierung des Abgabeflusses ein, ähnlich einem Wertstromdiagramm. So werden die Entstehungspunkte der Abgabe und deren Auswirkungen auf Ihre betriebliche Kostenstruktur für alle Entscheidungsträger sichtbar und besser steuerbar.
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